ärztliche Kontrolle. Wenn ein Anbieter etwas anderes behauptet – etwa völlige Autonomie bei schwerwiegenden Diag- nosen – ist Skepsis angebracht. þ Und wie sieht es in der Teleradiologie aus – verändert KI dort die Prozesse noch stärker? Gerd Schueller: In gewisser Weise ja. Die Teleradiologie hat sich in den letzten Jahren enorm professionalisiert, nicht zuletzt, weil immer mehr Radiologinnen und Radiologen keine Nachtdienste mehr machen wollen. KI hilft uns, auch unter Zeitdruck belastbare Ergebnisse zu liefern, insbesondere wenn wir Voll- profis uns auf jene heiklen Patienten konzentrieren können, die uns sehr schnell brauchen. Für diese Akutpatien- ten wird es keine relevanten Anwendun- gen einer KI geben können. Vielmehr braucht es hier jene hochspezialisierten Radiologen, deren Wissen und Können Leben retten. Anders für alle anderen Patienten, ohnedies die Mehrheit, für welche die KI für uns gute Vorarbeit mediaire GmbH ist ein Berliner HealthTech-Unternehmen, das KI-gestützte Softwarelösungen für die quantitative Auswertung von MRT- Daten entwickelt. Der Fokus liegt auf der frühzeitigen Diagnose neurologischer Erkrankungen wie Demenz oder Multipler Sklerose sowie in der Prostata- und Knie- diagnostik. Die CE-zertifizierten KI-Lösungen von me- diaire ermöglichen automatisierte, präzise und standardisierte Analysen – direkt im klinischen Routinebetrieb. Durch tiefe Inte- gration in bestehende PACS/RIS-Systeme und kurze Verarbeitungszeiten verbessert mediaire die diagnostische Effizienz und unterstützt Radiologinnen und Radiologen dabei, Veränderungen im Gehirn, in der Prostata und im Knie objektiv zu beurteilen. www.mediaire.ai F O K U S · T E L E R A D I O L O G I E „ Unsere KI arbeitet dort, wo der Radio- loge arbeitet: im PACS, im RIS, ohne Umwege. Nur wenn Ergebnisse ver- ständlich und direkt verfügbar sind, entsteht echter Mehrwert im Alltag.“ Dr. Andreas Lemke, Mitgründer und CEO des Berliner KI-Herstellers mediaire aus zu lernen. Die Zusam- menarbeit mit ERS ist für uns extrem wertvoll – weil nicht nur getestet, sondern auch kritisch reflektiert wird. Was zählt, ist am Ende nicht das eine perfekte Tool, sondern das Zusammenspiel von Mensch, Maschine und Organisation. þ Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Radiologie oder besser der Teleradio- logie? Andreas Lemke: Ich persönlich wün- sche mir mehr Offenheit für klinische Realitäten – auf allen Seiten. KI kann viel, aber sie muss eingebettet und kon- trolliert sein. Und ich habe gerne Part- ner, die wie ERS bereit sind, mit eigenen Daten zu testen und Verantwortung zu übernehmen, nicht nur für Technologie, sondern für Patientensicherheit. Gerd Schueller: Ich wünsche mir, dass junge Radiologinnen und Radiologen nicht nur Technik bedienen, sondern verstehen wollen, was sie tun. Dass sie sich wieder tiefer mit Wissen, Verant- wortung und ethischen Fragen beschäf- tigen. Nur so entstehen echte Partner- schaften – mit KI, mit den Zuweisenden, mit den Patienten. Und das ist letztlich das, was zählt. leisten können wird. Ebenso wichtig: Sie macht Spezialisierung möglich. Wenn in einem kleinen Krankenhaus ein Kliniker eine seltene Fragestellung hat, können wir per Teleradiologie darauf eingehen, unterstützt von KI, die genau für solche Fälle trainiert wurde. Das verbessert die Qualität und entlastet zugleich die Kol- leginnen und Kollegen vor Ort. þ Gibt es für Sie Kriterien, wann eine KI für ERS in Frage kommt und wann nicht? Gerd Schueller: Meine Entscheidung hängt von zwei Faktoren ab. Einerseits gibt es das wissenschaftliche Testing: Sensitivität, Spezifität, Fehlerquoten, Ver- arbeitungsgeschwindigkeit. Andererseits setze ich auf Vertrauen. Ich muss dem Hersteller glauben können, dass er nicht nur eine schöne Oberfläche gebaut hat, sondern verstanden hat, worum es in der klinischen Versorgung wirklich geht. Per- sönliche Gespräche helfen hier oft mehr als PowerPoint-Folien. Andreas Lemke: Und dieses Vertrauen ist für uns ebenfalls sehr wichtig, um dar- RadMag · 3-2025 23